Eine Praxis für fast alle Fälle
Text: Daniel Göring, Fotos: Sandro Hügli
Das Telefon klingelt. Zum wiederholten Mal an diesem Mittwochnachmittag. Sabine Davanzo hebt den Hörer ab und meldet sich im Namen der Walk-in-Clinic Interlaken. Ein Mann fragt um einen Termin für seinen Vater nach. Dieser hatte Wasser auf der Lunge und ist vor wenigen Tagen aus einem Spital im Unterland entlassen worden. Nun steht eine Nachkontrolle inklusive Überprüfung der Medikamente an. Sabine Davanzo überfliegt am Bildschirm die Kalender der Ärztinnen und Ärzte. Am Freitag kurz vor Mittag wird die medizinische Praxisassistentin bei Beatrice Nicolaus fündig. Es ist einer der letzten freien Plätze an diesem Vormittag.
«Unsere Dienstleistungen werden geschätzt.»
Weniger Hausärzte, mehr kleinere Beschwerden
Mehrere tausend Konsultationen zählte die Walk-in-Clinic im vergangenen Jahr. «Wir haben einen guten Namen, unsere Dienstleistungen werden geschätzt», hält Daniel Schenk nicht ohne Stolz fest. Insbesondere während den Sommermonaten herrsche in der Walk-in-Clinic reger Betrieb. Dann suchen neben regionalen Patientinnen und Patienten, die keinen Hausarzt mehr haben, zahlreiche ausländische Touristinnen und Touristen die Räume im 1. Stock des Bahnhofgebäudes Interlaken West auf.
Praxisleiter Dr. med. Daniel Schenk: «Wir haben einen guten Namen, unsere Dienstleistungen werden geschätzt.»
Die Walk-in-Clinic steht allen Menschen mit Beschwerden und Symptomen offen. Eine telefonische Anmeldung ist nicht erforderlich, doch haben Patientinnen und Patienten dann zu gewärtigen, dass sie schon mal länger warten müssen – sofern es sich nicht um einen Notfall handelt. «Unsere Kapazitäten sind nicht unerschöpflich», erklärt Daniel Schenk, «doch wir lassen auf keinen Fall jemanden mit einem medizinischen Bedarf im Stich.»
Warum ein vorgängiger Telefonanruf hilft
Den regen Zulauf von Patientinnen und Patienten führt der Mediziner hauptsächlich auf zwei Gründe zurück: Zum einen praktizieren wie in der ganzen Schweiz auch rund um Interlaken immer weniger Hausärzte, zum anderen hat Schenk festgestellt, dass immer mehr Menschen mit kleineren Beschwerden einen Arzt aufsuchen. Er rät Patientinnen und Patienten, sich im Zweifelsfall telefonisch zu melden. «Für Laien ist es nicht immer einfach, eine Lappalie von einer ernsthaften Erkrankung zu unterscheiden.» Die Praxisassistentinnen der Walk-in-Clinic könnten die Leute beim Entscheid unterstützen, was als nächstes zu tun sei, «denn sie verfügen über das entsprechende Wissen».
Praxisleiter Dr. med. Daniel Schenk bespricht mit der Medizinischen Praxisassistentin Fabienne Simmen die nächsten Konsultationen.
Gleich verhält es sich übrigens mit den Notfällen. Nicht immer ist es bei einem dringenden medizinischen Problem erforderlich, ins Alpine Notfallzentrum der Spitäler fmi AG zu eilen. «Wundversorgungen und verstauchte Knöchel können wir auch in der Walk-in-Clinic behandeln», streicht Daniel Schenk hervor. Knochenbrüche oder mehrere durchtrennte Sehnen hingegen erforderten die Infrastruktur eines Spitals. Ein vorgängiger Anruf in die Walk-in-Clinic helfe, die richtige Anlaufstelle herauszufinden. «So lässt sich vermeiden, dass Patientinnen oder Patienten zu uns kommen und wir sie nach einer ersten Stabilisation in den Notfall des Spitals schicken müssen.»
Headerbild: Das WICI-Angebot wird sehr geschätzt: Im vergangenen Jahr zählte die Walk-in-Clinic am Bahnhof Interlaken West mehrere tausend Konsultationen. Esther Schuricht, Leitende Medizinische Praxisassistentin (links) und die Medizinische Praxisassistentin Fabienne Simmen haben alle Hände voll zu tun.
Walk-in-Clinic
Seit 2019 betreibt die Spitäler fmi AG im Bahnhofgebäude Interlaken West die Walk-in-Clinic. Sie ist medizinische Anlaufstelle sowohl für regionale Patientinnen und Patienten ohne Hausarzt als auch für Feriengäste sowie in Notfällen. Bei Bedarf erfolgt eine umgehende Verlegung der Patientin oder des Patienten ins nahe gelegene fmi-Spital Interlaken. Das Team der Walk-in-Clinic besteht aus je zwei Ärztinnen und Ärzten sowie vier medizinischen Praxisassistentinnen.
Zur Person
Dr. med. Daniel Schenk ist seit Gründung der Walk-in-Clinic im Mai 2019 deren leitender Arzt. Zuvor war er mehr als 20 Jahre Hausarzt in Itingen im Kanton Baselland. Schenk ist verheiratet, Vater von drei erwachsenen Söhnen und wohnt in Interlaken. Für die SVP sitzt er im Grossen Gemeinderat und präsidiert den SVP-Kreisverband Interlaken-Oberhasli. In seiner Freizeit reist er gerne und geht mit dem Labrador spazieren, den er liebevoll als «unseren Familienhund» bezeichnet.
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